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von Insa Agena

Presbyterial-synodale Ordnung

Die Presbyterial-synodale Ordnung ist die Umsetzung eines Subsidiaritätsprinzips auf kirchliche Strukturen.

Es handelt sich dabei um die Form einer Kirchenordnung, bei der die Kirche auf mehreren Ebenen durch Gremien von Ältesten und Pastoren geleitet wird. Die presbyterial-synodale Kirchenverfassungen sind insbesondere in reformierten und unierten Kirchen gebräuchlich. Strukturell ist dieses Ordnungsprinzip von dem eher hierarchischen Episkopalismus (Leitung durch Bischöfe) und dem Kongregationalismus, bei dem die Gemeinden völlig selbständig sind, zu unterscheiden.

geschichtlich-theologischer Hintergrund

Theologisch wird die Idee einer kollegialen und geschwisterlichen Kirchenleitung häufig aus Matthäus 18,15-20[1] hergeleitet. Hier wird nach Ansicht vieler Theologinnen und Theologen eine Form der Leitung von Gemeinde beschrieben, die ohne Bischöfe und staatliche Obrigkeit auskommt, sondern in und durch Gemeinschaft erfolgt. Verbunden wird dies mit den reformatorischen Überlegungen zum „Priestertums aller Gläubigen“. Während der Reformation hatte sich immer mehr die Überzeugung verbreitet, dass allein Jesus die Kirche führt und daher niemand unter Christinnen und Christen besser, schlechter oder heiliger ist, als die bzw. der andere. So wurde auch die Lehre abgelehnt, nach der die Priester durch die Weihe eine besondere Würde verliehen bekommen.

Bereits 1523 stellte Martin Luther fest „daß eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, die Lehre zu beurteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen, […]“. So entwickelte sich in reformatorischer Zeit immer mehr die Überzeugung, unterschiedliche Ämter in der Kirche klar zu definieren und entsprechend der Kompetenzen auf unterschiedliche Personen aufzuteilen. Dieser Ansatz wurde dann erstmalig in Calvins Vierämterlehre als Kirchenordnung für die Stadt Genf 1541 umgesetzt. Es folgten die Kirchenordnungen der Hugenotten (1559), das First Book of Discipline der Kirche von Schottland (1560) und schließlich die Beschlüsse der Synode von Emden im Jahr 1571.

In der Praxis wurden aufgrund der staatskirchlichen Strukturen in Deutschland presbyterial-synodale Kirchenordnungen nicht konsequent umgesetzt.

Erst mit der Gründung der Weimarer Republik und der Ablösung des jeweiligen Landesherrn als Kirchenoberhaupt war es möglich, konsequent presbyterial-synodale Kirchenordnungen zu gestalten. Die jeweiligen Kirchenverfassungen und Kirchenordnungen, die ab 1918 nach und nach entstanden sind, enthalten unterschiedliche Regelungen dazu, in welchem Umfang die gesamtkirchliche Verwaltung die Aufsicht über Kirchengemeinden ausüben kann. Grundsätzlich zeichnen sich presbyterial-synodale Kirchenordnungen durch eine hohe Eigenverantwortung der Kirchengemeinden aus (Presbyterialprinzip). Diese Selbständigkeit der Kirchengemeinden lässt sich in der Regel im Recht zur Wahl von Pfarrerinnen und Pfarrern und in der Selbstverantwortung für Finanzen und Verwaltung erkennen.

Umsetzung in der Evangelisch-reformierten Kirche

Mit der Kirchenverfassung von 1988 wurden versucht, eine presbyterial-synodale Kirchenordnung in der Evangelisch-reformierten Kirche konsequent umzusetzen. Als maßgeblich für die Ordnung der Kirche legt die Kirchenverfassung sechs Grundsätze fest:

„(1) Keine Gemeinde darf über eine andere, kein Gemeindeglied über ein anderes Vorrang oder Herrschaft beanspruchen.

(2) Alle Kirchenleitung erfolgt durch Kirchenräte/Presbyterien und Synoden; Synodale dürfen nur durch Gemeindeorgane oder Synoden berufen werden.

(3) Die Gemeinden wählen ihre Pfarrer oder Pfarrerinnen auf Vorschlag des Kirchenrates/Presbyteriums frei aus allen wählbaren Predigern und Predigerinnen.

(4) Die Gemeinden ordnen ihre Angelegenheiten selbstständig. Den Synoden wird vorgelegt, was in der Gemeinde nicht hat entschieden werden können.

(5) Die Synoden entscheiden über die Angelegenheiten, die ihnen die Kirchenverfassung zuweist oder die eine Mehrzahl von Gemeinden angehen. Ihre Aufsichtsbefugnisse beschränken sich auf Maßnahmen, die unerlässlich sind, um die rechte Verkündigung des Evangeliums sowie die bekenntnisbedingte Ordnung und die Selbstbestimmung der Kirche zu gewährleisten.

(6) Die Kirchengemeinden wirken an der Vorbereitung der synodalen Verhandlungen mit. Um der synodalen Gemeinschaft willen wissen sie sich an die synodalen Entscheidungen gebunden.“

Die starke Betonung der Selbständigkeit der Kirchengemeinden rührt daher, dass sich in der Verfassungsdiskussion nach der Auflösung des preußischen Kirchenregiments (1919–1922) die Befürworter einer konsequenten presbyterial-synodalen Ordnung durchgesetzt hatten. In späteren Anpassungen der Verfassung wurde diese Grundsatzentscheidung beibehalten. Praktisch wird dies wie folgt umgesetzt:

Weitreichende Verantwortung der Presbyterien

Die Kirchenräte bzw. Presbyterien leiten die Gemeinden. Hierzu gehört auch (gemeinsam mit dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin) die geistliche Leitung und das Recht zu bestimmen, wer in der Gemeinde predigt (Kanzelrecht). Die Finanz- und Vermögensverwaltung kann zwar an eine kirchliche Verwaltungsstelle abgegeben werden, wird aber in der Regel durch ehrenamtliche Mitarbeitende in der Gemeinde vor Ort erledigt.

Starke Verankerung der Synoden

Die Presbyterien wählen Delegierte in die Bezirkssynoden und diese wiederum in die Gesamtsynode. Zusätzlich dürfen nur höchstens drei Personen in die Gesamtsynode berufen werden. So bleibt die unmittelbare Anbindung von Kirchengemeinden an die Gesamtsynode erhalten.

Einbindung statt Gewaltenteilung

Die Gesamtsynode leitet und verwaltet die Kirche. Deren „Vorstand“, Moderamen genannt, besteht mehrheitlich aus Ältesten bzw. Presbytern und nicht aus Pfarrstelleninhaberinnen bzw. Pfarrstelleninhabern. Das Moderamen vertritt die Synode außerhalb ihrer Sitzungen. Der ebenfalls von der Synode gewählte Kirchenpräsident ist Vorsitzender des Moderamens und leitet die kirchliche Verwaltung. Durch diesen Aufbau findet keine klassische Gewaltenteilung statt, wie sie in einem demokratisch verfassten Staat üblich ist. Die Kirchenordnung ist vielmehr eine konsequente Umsetzung der gemeindlichen und synodalen Interessenvertretung. Die Kirchenpräsidentin bzw. der Kirchenpräsident vertritt und handelt im Auftrag der Gesamtsynode, die wiederum aus den Kirchengemeinden besetzt ist.

Letztendlich ist dieser Aufbau nur eine der möglichen Umsetzungen presbyterial-synodaler Strukturen. Als einzige rein reformierte Kirche innerhalb der EKD hat sich die Evangelisch-reformierte Kirche dabei in ihrer Verfassung eng an den Beschlüssen der Synode von Emden orientiert.

Einzelnachweise

  1. https://www.bibleserver.com/LUT/Matth%C3%A4us18"Zurechtweisung und Gebet in der Gemeinde 15 Sündigt aber dein Bruder[2], so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. 16 Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch zweier oder dreier Zeugen Mund bestätigt werde. 17 Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner. 18 Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein. 19 Wahrlich, ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch einig werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. 20 Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen."