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von Insa Agena

Emder Synode

Die Synode von Emden fand vom 4. Oktober bis zum 13. Oktober 1571 in Emden statt. Sie war die erste Nationalsynode der Niederländischen Reformierten und prägte das Selbstverständnis und die presbyterial-synodale Kirchenordnung der reformierten Kirchen bis heute entscheidend.

Geschichte

Ort

Alte Stadthalle Emden

Die Emder Synode fand vom 4. bis 13. Oktober 1571 in Emden im Zeughaus statt, später Alte Stadthalle genannt. Das Erdgeschoss diente damals der seit 1555 bestehenden niederländischen Flüchtlingsgemeinde französischer Sprache als Predigtstätte.

Teilnehmer

An der Emder Synode teilnehmende Kirchengemeinden

Eingeladen waren Gemeinden aus dem damaligen Gebiet der Niederlande, die unter der Repression der spanisch-habsburgischen Herrschaft in sichere Gebiete geflüchtet waren (Pfalz, Niederrhein, England, Ostfriesland) oder die im Land zu überleben versuchten („Gemeinden unter dem Kreuz“). Die Einladung erfolgte von Heidelberg aus.

Intention

Ziel der Synode sollte es sein, den Zusammenhalt, die Vernetzung, die Einheit im Bekenntnis und die gemeinsame Ordnung und Kirchenstruktur von theologisch und politisch unterschiedlich ausgerichteten Gemeinden, die in verschiedenen Herrschaftsgebieten lebten, zu stärken.

Wollen hier nicht selbstherrlich auftreten und Vorschriften machen. {…} Wir wollen lediglich einen Weg aufzeigen, auf dem mit vereinten Herzen und Sinnen eine heilsame Ordnung unter uns aufgerichtet werden kann. Lasst uns einmal sehr ernsthaft die Veranstaltung gemeinsamer Synoden erwägen! Auf diesen kann über die vielfältigen Aufgaben, die dem Gemeindeaufbau dienen, gründlich und gemeinsam beraten, nachgedacht und verhandelt werden.“ (Aus dem Einladungsschreiben vom 30. Juni 1571 aus Heidelberg)

Beschlüsse

Die Zusammenkunft verabschiedete ein dreiteiliges Beschlussdokument (Generalia, Partikularia, dreiteilige Synodalordnung), das von 24 Pastoren und 5 Ältesten unterzeichnet wurde.

Die Beschlüsse der Emder Synode 1571

Es wurde in lateinischer Sprache verfasst. Das Originaldokument ist seit Mitte des 17. Jahrhunderts verschollen. Da aber Abschriften angefertigt wurden und bald auch Übersetzungen ins Niederländische, Französische und Deutsche entstanden, ist der authentische Text ziemlich verlässlich überliefert.

Der erste Teil des Synodenprotokolls enthält die grundlegenden Beschlüsse (Generalia). Im zweiten Teil sind Antworten auf besondere Fragen und Anliegen festgehalten (Partikularia). Der dritte Teil umfasst eine Synodalordnung.

Die Generalia bestehen aus 53 Artikel und beginnen mit den Sätzen: „Keine Gemeinde soll über andere Gemeinden, kein Pastor über andere Pastoren, kein Ältester über andere Älteste, kein Diakon über andere Diakone Vorrang haben oder Herrschaft beanspruchen. Sie sollen lieber dem geringsten Verdacht und jeder Gelegenheit dazu aus dem Weg gehen.

Der Schlussartikel lautet: „Diese Artikel, die auf die rechtmäßige Ordnung der Kirche abzielen, wurden einmütig beschlossen. Wenn im Interesse der Gemeinden eine Änderung erforderlich ist, können und müssen sie verändert, vermehrt oder vermindert werden. Das zu tun ist aber keiner einzelnen Gemeinde gestattet. Vielmehr sollen sich alle an die Bestimmungen halten, bis eine Synode anders beschließt.“

Die Partikularia bestehen aus 25 Artikel, die sich mit vorher von den Gemeinden eingereichten Fragen und Anliegen befassen.

Die Synodalordnung ist dreiteilig aufgebaut. Die ersten 9 Artikel befassen sich mit der Classisversammlung. Sie ist eine neue Einrichtung der Emder Synode und ermöglicht den Gemeinden Verbundenheit auf regionaler Ebene. 16 weitere Artikel widmen sich der Provinzsynode. Ein abschließender letzter Artikel betrifft die Generalsynode.

Am Schluss des Protokolls sind die Namen der Anwesenden und Unterzeichner aufgeführt.

Folgende Kapitel finden sich in den Beschlüssen:

Teil 1 der Beschlüsse der Emder Synode von 1571: Generalia

Teil 2 der Beschlüsse der Emder Synode von 1571: Partikularia

Teil 3 der Beschlüsse der Emder Synode von 1571: Synodalordnung

Die Unterzeichnerliste der Beschlüsse der Emder Synode von 1571

Wirkung

Die Beschlüsse der Emder Synode hatten weitreichende Wirkungen. Das gilt besonders für die niederländische Kirche, aber auch für reformierte Kirchen in Deutschland und weltweit.

Schon während der Synode wurden Abschriften, bald auch Übersetzungen für die Gemeinden angefertigt. Dies führte nicht nur zur Verbreitung, sondern auch zur Anwendung der Beschlüsse in den meisten Herkunftsregionen der Teilnehmer. Insbesondere in den Niederlanden wurden die Beschlüsse von Emden ausdrücklich übernommen. Auch in deutschen Regionen fanden die Beschlüsse Anwendung. So wurden etwa am Niederrhein unmittelbar nach der Synode die dort beschlossenen regionalen Versammlungen der Classes eingeführt und ebenfalls Synoden abgehalten.

Die Beschlüsse von Emden wurden wegweisend für viele reformierte Kirchenordnungen. Das presbyterial-synodale Ordnungsprinzip mit seinem antihierarchischen Charakter hätte ohne die Emder Synode von 1571 weniger Verbreitung gefunden. Die Evangelisch-reformierte Kirche hat die Grundgedanken der Emder Synode als Grundsätze in ihre Kirchenverfassung (§ 4 KVerf) übernommen.

Auch über den kirchlichen Bereich hinaus lässt sich die Ideenwelt der Emder Synode feststellen. Das in den Beschlüssen zutage tretende, erst viel später sogenannte Subsidiaritätsprinzip, nach dem die kleinere Einheit ihre Aufgaben soweit wie möglich selbst erfüllt und erst dann, wenn sie etwas nicht allein regeln kann oder wenn etwas mehrere Einheiten angeht, die nächstgrößere Einheit damit betraut wird, findet sich auch in späteren Formen demokratischer Selbstbestimmung und Mitverantwortung.