Der Kirchenrat ist die Leitung der Kirchengemeinde.
Der Kirchenrat fördert die Gemeindearbeit, verantwortet ihre Inhalte und unterstützt alle haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirchengemeinde in ihrem Dienst.
In Süddeutschland heißt der Kirchenrat „Presbyterium“
Aufgaben
Zu seinen Aufgaben gehört die geistliche Leitung (Hirtenamt), die Aufsicht, die rechtliche Vertretung nach innen und außen und die wirtschaftliche Verwaltung.
Geistliche Aufgaben
Der Kirchenrat hat in der Gemeinschaft mit den Pfarrern bzw. Pfarrerinnen die geistliche Leitung der Gemeinde (vgl. § 10 und § 45 Abs. 1 KVerf.). Geistliche Leitung meint nicht die Leitung durch Geistliche sondern geistliche Leitung meint Leitung bezieht sich auf die Leitung durch den Geist. Diese Form der Leitung wird in der Gemeinschaft der Organmitglieder wahrgenommen.
Geistliche Leitung ist vor diesem Hintergrund eine bestimmt Form zu leiten. Materialien dazu gibt es u.a. vom Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Arbeitsblatt 1: Die Gemeinde geistlich leiten)
Daneben gehören aber auch bestimmte Tätigkeitsbereiche zur geistlichen Leitung. Dies sind insbesondere die Bereiche, die Kirchengemeinde inhaltlich zu etwas Besonderem machen. Die geistliche Leitung bezieht sich insbesondere auch die Erfüllung der primären Aufgaben der Kirchengemeinden. Zwei Bereiche dieses Tätigkeitbereiches sind in der Kirchenverfassung besonders benannt:
Gottesdienst
Der Kirchenrat ist dafür verantwortlich, dass regelmäßig Gottesdienst gehalten wird (§ 17 KVerf.). Dabei legt der Kirchenrat auch die für die Gemeinde geltende Gottesdienstordnung fest.
Ein Beschluss des Kirchenrates ist erforderlich für
- die Änderungen der Gottesdienstzeiten oder der in der Kirchengemeinde geltenden liturgischen Ordnung sowie
- die Benutzung des Kirchengebäudes zu nicht gottesdienstlichen Zwecken.
Für eine Verringerung der Anzahl der regelmäßigen Gottesdienste ist die Anhörung der Gemeindeversammlung und die Zustimmung des Moderamens der Synode notwendig.
Kanzelrecht
Die Kirchenrat (als Ganzes) hat das Kanzelrecht. Dies bedeutet. dass der Kirchenrat bestimmt, wer in der jeweiligen Gemeinde predigt.
Grundsätzlich sind in der Evangelisch-reformierten Kirche zu Predigt und Amtshandlungen in einer Kirchengemeinde
- die Pfarrer und Pfarrerinnen der Kirchengemeinde,
- die in der Kirchengemeinde tätigen Schulpfarrer, Schulpfarrerinnen,
- die Prediger im Ehrenamt,
- alle in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder in einer Mitgliedskirche der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen ordinierten Prediger und Predigerinnen,
- alle in einer Kirche, mit der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft vereinbart worden ist, ordinierten Prediger und Predigerinnen
zugelassen. Der Kirchenrat kann aber aus wichtigem Grund beschließen, dass bestimmte Personen nicht predigen oder Amtshandlungen durchführen dürfen.
Inhaltliche Aufgaben
Der Kirchenrat verantwortet, dass die Kirchengemeinde die ihr nach Kirchenverfassung zugewiesenen Aufgaben erfüllt.
Vermögensverwaltung
Das Vermögen der Kirchengemeinden dient allein der Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Es ist wirtschaftlich, sparsam, ethisch-nachhaltig, transparent und in gesamtkirchlicher Verantwortung zu verwalten. Zum Vermögen der Kirchengemeinde gehören
- das Vermögen der Kirchengemeinde,
- das Vermögen der nicht rechtsfähigen Stiftungen der Kirchengemeinde,
- das Vermögen der kirchengemeindlicher Einrichtungen,
- Orgeln, Glocken, Kunstdenkmäler sowie der Kunst- und Wertgegenstände sowie
- die Diakoniekasse.
Verantwortlich für die Verwaltung des Vermögens ist der Kirchenrat.
Er ist für die Erhaltung der kirchengemeindlichen Grundstücke, Gebäude und Einrichtungen verantwortlich.
Das Vermögen ist grundsätzlich zu erhalten. Zweckgebundenes Vermögen der Kirchengemeinde darf nur zweckgemäß und mit Genehmigung des Moderamens der Gesamtsynode in seinem Bestand angetastet werden, wenn der Zweck anders nicht verwirklicht werden kann.
Rechtsvertretung
Der Kirchenrat vertritt grundsätzlich die Kirchengemeinde nach innen und außen.
Willenserklärung
Willenserklärungen der Kirchengemeinde erfolgen in der Regel durch Beschluss des Kirchenrates. Nach außen ist ein Willenserklärung von drei Personen aus dem Kirchenrat (darunter Vorsitz oder stellv. Vorsitz) zu unterzeichnen.
Dies gilt nicht für Erklärungen des täglichen Geschäftsverkehrs, hier kann die zuständige Person, einen entsprechenden Vertrag abschließen. Hierbei handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Geschäfte, die zum Betrieb der Organisation notwendig sind, wie etwa die Beschaffung von Verbrauchmaterial, Wartungsverträge o.ä.
Grundsätzlich gilt aber, dass in en Fällen, in denen nach dem Kirchenrecht eine aufsichtsrechtliche Genehmigung vorgeschrieben, die Willenserklärung erst mit der Erteilung der Genehmigung wirksam wird.
Der Kirchenrat kann sich allerdings vertreten lassen oder für bestimmte Rechtsgeschäfte Aufgaben delegieren.
Mitarbeitende
Der Kirchenrat ist für die Angestellten der Kirchengemeinde zuständig. In dieser Funktion ist der Kirchenrat Dienstvorgesetzter aller Angestellten. Er entscheidet über Einstellung und Entlassung der haupt- und nebenberuflichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirchengemeinde. Die Ausübung der Dienstaufsicht kann einzelnen Mitgliedern übertragen werden.
Zusammensetzung
Ein Kirchenrat besteht aus
- mindestens vier gewählten Mitgliedern,
- bis zu zwei berufenen Mitgliedern,
- den gewählten Pfarrstelleninhabern (kraft Amtes) sowie
- mitarbeitenden Gästen.
Wie viele Kirchenältesten gewählt werden, wird vom Kirchenrat und (falls vorhanden) der Gemeindevertretung nach der Größe und den örtlichen Verhältnissen festgesetzt.
Ehegatten, Lebenspartner, Geschwister, Eltern und deren Kinder sowie Verschwägerte ersten Grades dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder in demselben Kirchenrat/Presbyterium sein. Teilen sich Pfarrer oder Pfarrerinnen (z.B. als Ehepaar) eine Pfarrstelle, übt jeweils einer oder eine das Stimmrecht aus; das Stimmrecht wechselt zu Beginn jeder ersten Sitzung des Kirchenrates nach einer Neuwahl.
Vakanzvertretungen und Theologen und Theologinnen mit Dienstauftrag in der Kirchengemeinde gehören dem Kirchenrat mit beratender Stimme an, in der sie ihren Dienst verrichten.
Bis zu zwei Prediger oder Predigerinnen im Ehrenamt gehören dem Kirchenrat/Presbyterium mit beratender Stimme an. Sind mehr Prediger oder Predigerinnen im Ehrenamt in der Kirchengemeinde berufen, wählen sie nach jeder Neuwahl zwei Vertreter oder Vertreterinnen aus ihrer Mitte, die dem Kirchenrat/Presbyterium mit beratender Stimme angehören.
Sitzungen
Häufigkeit
Der Kirchenrat soll in der Regel einmal im Monat zu einer ordentlichen Sitzung zusammentreten. Mindestens sechs Mal im Jahr muss eine Sitzung stattfinden. Der oder die Vorsitzende kann jederzeit eine außerordentliche Sitzung einberufen. Eine solche Sitzung muss einberufen werden, wenn mindestens ein Drittel der Kirchenältesten oder Presbyterinnen die Einberufung unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes verlangt.
Sitzungsform
Sitzungen finden in der Regel in Präsenz statt. Auf Beschluss des Kirchenrates können Sitzungen in elektronischer Form stattfinden. Die Sitzungen des Kirchenrates werden mit Schriftlesung und Gebet eröffnet.
Sitzungen sind in der Regel nicht öffentlich, der Kirchenrat kann für die nächste Sitzung die Zulassung der Öffentlichkeit beschlossen werden. Beauftragte, die nicht Mitglieder des Kirchenrates sind, und gemeindliche Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen sind bei der Beratung von Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs zu hören. Zur Beratung besonderer Angelegenheiten können Sachkundige hinzugezogen werden.
Jeder oder jede Anwesende ist dann über ihren Verlauf zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Einladung
Zu den Sitzungen hat der oder die Vorsitzende mindestens eine Woche vorher alle Mitglieder unter Angabe der Tagesordnung und der Niederschrift der letzten Sitzung schriftlich oder auf elektronischem Wege einzuladen.
Beschlüsse
Beschlussfassung
Soweit kirchengesetzlich nichts anderes bestimmt ist, werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst. Enthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.
Bei Beschlüssen, die eine Person im Kirchenrat persönlich betrifft, kann diese Person zur Sache angehört werden, von der Beratung und der Abstimmung ist sie aber auszuschließen. Dies ist im Protokoll festzuhalten. Gleiches gilt. wenn eine Angelegenheit eine Person in naher Verwandtschaft (Ehegatten, Lebenspartner, Geschwister, Eltern und deren Kinder sowie Verschwägerte ersten Grades) zu einem Kirchenratsmitglied betrifft. Allerdings gilt die Regelung nicht bei Wahlen.
Umlaufbeschluss
In eiligen Angelegenheiten kann ein Beschluss des Kirchenrates auch auf Rundfrage gefasst werden, falls kein Mitglied einem solchen Verfahren widerspricht. Es ist somit sicherzustellen, dass alle Mitglieder des Kirchenrates über das Umlaufverfahren informiert werden.
Die Beschlüsse selbst sind mit der notwendigen Mehrheit zu fassen.
Eine explizite Formvorschrift gibt es für das Umlaufverfahren nicht, es kann somit auch per E-Mail erfolgen.
Die Beschlüsse sind in die Niederschrift der nächsten Sitzung des Kirchenrates aufzunehmen. Wahlen können nur auf Sitzungen durchgeführt werden.
Beanstandung von Beschlüssen
Kirchenräte vertreten eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Sie haben sich dazu verpflichtet sich an die kirchlichen Ordnungen und Bekenntnisse zu halten. Dies bedeutet auch, dass Kirchenratsbeschlüsse Recht und Gesetz entsprechen müssen.
Es kann immer wieder vorkommen, dass es im Kirchenrat Unklarheit darüber gibt, ob ein Beschluss Recht und Gesetz entspricht.
Halten
- zwei stimmberechtigte Mitglieder,
- der oder die Vorsitzende des Kirchenrates,
- das Moderamen der Synode oder
- der Kirchenpräsident oder die Kirchenpräsidentin
einen Beschluss des Kirchenrates für rechtswidrig, können sie diesen beanstanden.
Der Kirchenrat hat dann erneut über die betreffende Angelegenheit zu beraten und zu beschließen. Wird einer solchen Beanstandung nicht entsprochen, so ist dieser Beschluss dem Moderamen der Gesamtsynode zur Entscheidung vorzulegen.
Gegen die Entscheidung des Moderamens der Gesamtsynode kann das kirchliche Verwaltungsgericht angerufen werden.
Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.
Haftung
Die Haftung der Mitglieder des Kirchenrates gegenüber der Kirchengemeinde ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.