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von Helge Johr

Kirchengemeinden

Die Kirchengemeinde ist im reformierten Verständnis die Basis des kirchlichen Handelns. Sie bilden in ihrer Gemeinschaft die Synodalverbände und die Gesamtkirche.

Rechtstellung

Rechtsform

Kirchengemeinden sind jeweils für sich Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie bilden in ihrer Gemeinschaft den Synodalverband und die Gesamtkirche

Gebiet und Mitglieder

Kirchengemeinden in der Evangelisch-reformierten Kirche beziehen sich immer auf ein bestimmtes Gebiet. Die örtliche Begrenzung jeder Kirchengemeinde wird entweder durch Urkunden oder durch Herkommen festgelegt (§ 7 Abs. 1 KVerf). Dieses Gebiet wird als Parochie bezeichnet. Reformierte Christinnen und Christen, gehören automatisch zu einer Kirchengemeinde. In der Regel gehören sie zu der Kirchengemeinde des Ortes, an dem sie wohnen (Parochialsystem).

Bestand - Auflösung - Fusion

Kirchengemeinden bestehen in der Regel auf Dauer. Über die Vereinigung und Aufhebung von Kirchengemeinden beschließen die beteiligten Kirchengemeinden. Die Synode des Synodalverbandes muss einem solchen Beschluss zustimmen und das Moderamens der Gesamtsynode muss den Beschluss genehmigen.

Kann die Kirchengemeinde ihren kirchlichen Auftrag (§ 5 und § 10 Absatz 2 KVerf) nicht mehr alleine erfüllen, etwa weil es keinen handlungsfähigen Kirchenrat gibt oder aufgrund der finanziellen Situation bzw. vergleichbaren Gründen, kann das Moderamen der Gesamtsynode nach Anhörung der Synode des Synodalverbandes und der betroffenen Kirchengemeinden die Aufhebung oder Vereinigung mit einer anderen Kirchengemeinde anordnen.

Gegen die Auflösung einer Kirchengemeinde oder die Vereinigung mehrerer Kirchengemeinden kann die zuständige Synode binnen drei Monaten die Gesamtsynode anrufen, die nach Anhörung der Beteiligten endgültig entscheidet.

Organe

Organe der Kirchengemeinde sind:

Aufgaben

Primäre kirchliche Aufgaben

Die inhaltlichen Aufgaben der Kirchengemeinden ergeben sich aus § 5 der Kirchenverfassung. Sie lassen sich in drei Bereiche unterteilen:

  • Hören: „Dem Ruf ihres Herrn folgend versammeln sich die Kirchengemeinden zum Hören des Wortes Gottes und zur Feier der Taufe und des Abendmahls. […] In seinem Dienst richten sie die Botschaft von der freien Gnade Gottes aus.“ (§ 5 Abs. 1 S 1 und 3 KVerf)
  • Danken; „Die Kirchengemeinden danken ihrem Herrn mit Gebet und Lobgesang und mit ihren Gaben.“ (§ 5 Abs. 1 S. 2 KVerf)
  • Bezeugen: "Kirchengemeinden bezeugen die Herrschaft Jesu Christi in allen Lebensbereichen und erfüllen diese Aufgabe vor allem in
    • Predigt und Unterweisung,
    • Seelsorge,
    • Diakonie,
    • Evangelisation (Volksmission und Weltmission),
    • im Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und
    • durch das Glaubenszeugnis aller Gemeindeglieder […]." (§ 5 Abs. 2 KVerf – Originaltext ohne Spiegelstriche)

Grundsätzlich ist es Aufgabe der Kirchengemeinde sicherzustellen, dass diese Aufgaben erfüllt werden. Visitationen sollen aber auch im gemeinsamen Gespräch nach der Beachtung der Kirchenordnung fragen (Ziff I und II Visitationsordnung). In der Praxis wird aber derzeit vorausgesetzt, dass die Kirchengemeinden ihre inhaltlichen Aufgaben grundsätzlich erfüllen.

Aufgaben aufgrund des Körperschaftstatus

Nebe den inhaltlichen Aufgaben gibt es noch Anforderungen an die Körperschaft. Diese Anforderungen entstehen aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Kirchengemeinden um eigenständige juristische Personen handelt, die nach der Kirchenverfassung der Evangelisch-reformierten Kirche ihre Angelegenheiten selbst verwalten. Ein Anschluss- und Benutzungszwang für eine Kirchenverwaltung besteht daher grundsätzlich nicht. Aus dem Status einer juristischen Person ergeben sich grundsätzliche Anforderungen, insbesondere aus staatlichen Gesetzen. Stichworte hierfür sind:

  • Datenschutz
  • (Umsatz)Steuer
  • Arbeitssicherheit
  • Personalsachbearbeitung
  • Buchhaltung

Aufgaben zum Reputationserhalt

Daneben ergeben sich aus der Selbständigkeit aber auch Aufgaben, die zur Sicherung kirchlicher Reputation notwendig sind. Als Teil der Gesamtkirche steht jede einzelne Kirchengemeinde und jeder Synodalverband für die Gesamtkirche. Daher haben können mögliche Fehler in einer Kirchengemeinde Auswirkungen auf alle Kirchengemeinden haben. Um solche Gefahren zu minimieren ergeben sich bestimmte Aufgaben. Aktuell sind dies etwa Aufgaben im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt.

Teile dieser Aufgaben können durch Serviceleistungen des Kirchenamtes erledigt werden. Dies geschieht bereits und kann noch weiter ausgebaut werden. Es bedarf aber einer Entscheidung der Kirchengemeinden, diesen Service zu nutzen.