Finanzbericht Herbstsynode 2023
Einführung
Das Oberrechnungsamt der EKD hat bereits im Jahr 2015 angeregt, dass die Evangelisch-reformierte Kirche der Gesamtsynode regelmäßig einen Bericht über die finanziellen Risiken vorlegt. Dieses ist in der Herbstsynode 2015 erstmals erfolgt.
In den vergangenen drei Jahren hat es umfangreiche gesellschaftliche und politische Umbrüche gegeben (Corona-Pandemie, russischer Angriffe auf die Ukraine, weltwirtschaftliche Entwicklung etc.), die auch auf die finanziellen Rahmenbedingungen von Kirchen auswirken haben werden. Diese Umbrüche sind bereits in dem Lage- und Risikobericht des vergangenen Jahres aufgenommen worden. Der aktuelle Bericht wird durch die Entwicklungen des laufenden Jahrs und neu gewonnene Kenntnisse ergänzt.
Seit einigen Jahren wird dieser Bericht in Form eines umfassenden Finanzberichtes dargestellt, der nicht nur die Risiken, sondern auch die allgemeine finanzielle Lage und die geplanten Schwerpunkte darstellt. Damit wird umfassend in die Finanzthemen der Gesamtsynode eingeführt.
Kirchen sind keine Wirtschaftsunternehmen. Ziel von Kirchen ist weder die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen zu einem möglichst günstigen Stückpreis, noch ist es Ziel von Kirchen, einen möglichst hohen finanziellen Überschuss (Gewinn) zu generieren.
Insoweit agieren Kirchen nach eigenen Prinzipien. Die finanziellen Mittel von Kirche sind im Rahmen einer Art kirchlicher Daseinsvorsorge so einzusetzen, dass der Kirchliche Auftrag bestmöglich und mit adäquatem Mitteleinsatz verwirklicht wird.
Dabei wird Kirche im reformierten Verständnis insbesondere als Gemeindekirche verstanden. Kirche ist diesem Sinne subsidiär zu verstehen, die Gemeinden organisieren sich soweit wie möglich selbst, nur die Angelegenheit, die eine Gemeinde überfordert oder die mehrere Gemeinden angeht, werden von einer übergreifenden Ebene wahrgenommen.
Diese Grundsätze sind bei der Betrachtung der Strukturen und der finanziellen Risiken grundsätzlich zu Grunde zu legen.
Finanzsituation
Finanzlage
In den vergangenen Jahren – auch im Jahr 2022 - hatte die Evangelisch-reformierte Kirche einen formal ausgeglichenen Haushalt. Dabei ist festzustellen, dass seit der Einführung der kaufmännischen Buchführung im Jahr 2020 jährlich eine außerplanmäßige Zuführung zur Gemeindestiftung, zur Versorgungsstiftung und zur allgemeinen Rückklage zwischen 5% und 10% des Haushaltsvolumens möglich war. Insoweit gab es faktisch einen jährlichen Haushaltsüberschuss. Im vergangenen Jahr 2022 konnten sowohl in der Gemeindestiftung als auch in der Versorgungsstiftung jeweils 2.000.000, - € mehr zugeführt werden, als es in der Haushaltsplanung vorgesehen war.
Der faktische Haushaltsüberschuss lässt sich mit den nominell noch leicht steigenden Kirchensteuererträgen und weniger Ausgaben begründen.
Die Kirchensteuereinnahmen, also die Beiträge unserer Mitglieder zur Evangelisch-reformierten Kirche, sind in den vergangenen zehn Jahren von knapp 28 Mio. Euro auf nunmehr knapp 40 Mio. € gestiegen.
Bei dieser Kirchensteuerentwicklung sind auch einige Einmaleffekt berücksichtig. Wir haben in den vergangenen Jahren in einigen Regionen (z.B. Hamburg, Braunschweig) noch Kirchensteuervereinbarungen geschlossen, die teilweise zu Nachzahlungen geführt haben. Unsere konkrete Kirchensteuer- und Beitragsentwicklung hat sich insgesamt in den vergangenen Jahren leicht besser entwickelt als die Preis- und Lohnentwicklung. Dies war aus finanzieller Sicht für uns positiv.
Gerade für die Zeit der Corona-Phase muss festgestellt werden, dass die Ausgaben in dieser Zeit in vielen Bereichen deutlich geringer waren, als eingeplant. Dies lag auch daran, dass verschiedene Aufgaben aufgrund der eingeschränkten Arbeit nicht umgesetzt werden konnte. Dies war z.B. das Konfi-Camp, es waren diverse Rüstzeiten oder auch eine Vielzahl von Dienstreisen.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Kirchensteuerentwicklung die allgemeine Lohn- und Kostenentwicklung nahezu komplett ausgeglichen. Dies und eine insgesamt sparsame Ausgabenpolitik hat es uns ermöglicht, in Stellenpläne und Finanzzuweisungen stabil zu halten und sogar punktuell mehr zu investieren.
2012 | €27.945.983,23 |
---|---|
2013 | €28.395.234,92 |
2014 | €30.587.481,23 |
2015 | €32.134.222,31 |
2016 | €31.447.451,98 |
2017 | €33.800.044,98 |
2018 | €36.985.989,63 |
2019 | €35.429.035,80 |
2020 | €37.499.594,19 |
2021 | €39.213.267,08 |
2022 | €39.654.301,65 |
Für das Jahr 2023 nehmen wir wahr, dass wieder deutlich mehr Aufgaben wahrgenommen werden können und Angebote, die in den Vorjahren ausgefallen sind, durchgeführt werden. Dies ist für die Arbeit von Kirche positiv. Zugleich haben wir deutlich steigende Kosten. Die Preissteigerungen lagen im Jahresmittel 2022 bei etwa 7%. Im Jahr 2023 ist die Preissteigerungsrate leicht sinkend, aber der-zeit immer noch bei ca. 4,5%.
Die Tabellenlöhne sind im öffentlichen Dienst für das Jahr 2023 zwar noch nicht prozentual erhöht worden, es gab aber monatliche Sonderzahlungen der Inflationsausgleichsprämie. Dies wirkt sich natürlich auf die Kosten aus. Es muss festgestellt werden, dass diese faktische Lohnerhöhung steuerfrei ist und damit keinen positiven Einfluss auf die Kirchensteuereinnahmen hat. Ab dem Jahr 2024 gibt es eine Lohnerhöhung, die sich aus einem Grundbetrag und einer prozentualen Erhöhung zusammensetzt. In der Summe ergibt sich damit eine Lohnerhöhung von knapp 10%. Dies wird sich im Grundsatz auch auf die Kirchensteuereinnahmen auswirken. Ob die Mehrausgaben durch Mehreinnahmen ausgeglichen werden können, bleibt abzuwarten.
Aktuell gehen wir davon aus, dass wir im laufenden und kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt haben werden und angemessene Zuführungen an die Gemeindestiftung und die Versorgungsstiftung leisten können. Im laufenden Jahr liegen unsere Kirchensteuernahmen zum jetzigen Zeitpunkt knapp 1% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Dies ist ein unwesentlicher Rückgang, der den ausgeglichenen Haushalt nicht gefährdet. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass in vielen Bereichen Lohnsteigerung im laufenden Jahr durch die sog. Inflationsausgleichsprämien ersetzt worden sind. Diese Inflationsausgleichsprämie ist bis zu 3.000, - € im Jahr steuerfrei. Daher führen entsprechende Sonderzahlungen nicht zu positiven Effekten im Bereich der Kirchensteuer. Solche Effekte werden vermutlich kommenden Jahr spürbar werden, da z.B. im Bereich des TVöD erst im kommenden Jahr die Lohnerhöhungen steuerwirksam sind.
Auch wenn unsere Kirchensteuereinnahmen noch nahezu auf dem Niveau des Vorjahres liegen, ist festzustellen, dass bundesweit für alle evangelischen Kirchen Ende September ein Rückgang um -4,9% bei der Kirchensteuer festzustellen war, wobei die Unterschiede zwischen den Gliedkirchen erheblich sind.
Wir gehen im kommenden Jahr von deutlichen Lohsteigerungen aus, diese werden zum Teil auch durch Steigerungen der Kirchensteuer ausgeglichen. Die Prognosen der Steuerexperten von EKD und katholischer Kirche gehen von einem leichten Rückgang des Gesamtaufkommens der Kirchensteuer aus, wobei auch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gliedkirchen erwartet werden.
Vermögenslage
Zum Jahresende 2022 betrug die Bilanzsumme der Evangelisch-reformierten Kirche knapp 355.000.000, - €. Hiervon sind gut 40.000.000, - € Treuhandvermögen der Kirchengemeinden, die im Rahmen der Sammelanlage angelegt worden sind. Der weitaus größte Teil unseres Vermögens ist allerdings in der Versorgungsrückstellung einzuplanen.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Vermögenslage der Evangelisch-reformierten Kirche als grundsätzlich positiv bewertet werden. Besonders hervorzuheben ist, dass die Versorgungsrücklage, deren Bedarf regelmäßig durch ein von der EKD in Auftrag gegebene Versorgungsgutachten berechnet wird, ausfinanziert ist. Über das Kapital der Versorgungsrücklage hinaus hat die Evangelisch-reformierte Kirche derzeit noch ein ausreichendes Eigenkapital. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass erhebliche Teile des Eigenkapitals in der Praxis nicht verwertbar sein werden, wie z.B. das Kirchenamt oder das Kloster Möllenbeck. Die sog. Pflichtrücklagen sind jedoch alle durch verwertbares Kapital gedeckt.
Im Hinblick auf die Versorgungsrücklage holen wir regelmäßig entsprechende Gutachten unserer Versorgungskasse (VERKA) und eines von der EKD beauftragten Gutachters ein. Insbesondere das EKD-Gutachten betrachtet einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren. Das aktuelle Gutachten hat dabei folgende Feststellung getroffen:
„Nach den Ergebnissen dieses für die Evangelisch-reformierte Kirche erstellten Gutachtens ist die bilanzielle Kapitaldeckung der Pensionsrückstellungen über den fünfzigjährigen Hochrechnungszeit-raum durchgängig gegeben. Darüber hinaus sind die Beihilferückstellungen allerdings nur partiell gedeckt.
Mit der Versorgungsstiftung hat die Evangelisch-reformierte Kirche ein Absicherungsinstrument geschaffen, das die Versicherungsdeckung über die VERKA gut ergänzt. Über die Versorgungsstiftung kann der Grad der finanziellen Deckung der Versorgungslasten flexibel gesteuert werden. In der Praxis wird es im Rahmen der Möglichkeiten des Haushalts der Evangelisch-reformierten Kirche darauf ankommen, wie viele Finanzmittel zur Absicherung zusätzlich aufgebracht werden (können) und wie temporär Mittel der Versorgungsstiftung einsetzt werden, um die Versorgungsausgaben liquiditäts-seitig zu entlasten.“
Prognosebericht
Mittelfristige Finanzplanung
Die Mittelfristige Finanzplanung im Jahr 2022 wies für das Jahre 2038 ein Defizit von ca. 13 Mio. € aus. Auch aktuelle Fortschreibung der Finanzplanung bestätigt diese Entwicklung.
Aus diesem Grund haben wir uns im aktuellen Jahr intensiv mit der Frage beschäftigt, unter welchen Rahmenbedingungen dieses Defizit verhindert werden kann.
Die jährliche Haushaltsplanung bietet uns ein regelmäßiges Steuerungsinstrument und ermöglicht, kurzfristig auf finanzielle Entwicklungen einzugehen. Gleichwohl ist es daneben notwendig, eine langfristige Strategie zu entwickeln, wie wir das prognostizierte Defizit abfedern können.
Bereits in der vergangenen Synodensitzung haben wir dargestellt, dass die Anzahl der verbeamteten Pfarrstellen – auch bei Neueinstellungen von zwei Nachwuchskräften pro Jahr – bis Ende der 30er Jahre des 21. Jahrhunderts auf etwa 50 Personen zurück geht.
Das Moderamen strebt gleichwohl an, dass ca. 65 Pfarrstellen besetzt werden. Werden nicht alle Stellen mit verbeamteten Pfarrpersonen ist ein Ausgleich im Angestelltenverhältnis denkbar. Dies führt aufgrund der Versorgungsrücklage zu in der Regel geringeren Kosten, so dass evtl. auch mehr Personen eingestellt werden können.
Die bisherige Versorgungsplanung geht von einer Zielzahl von 114 verbeamteten Pfarrpersonen aus. Rechnen wir mit 65 Personen, können wir bis 2038 die Beiträge zur VERKA und die Zuführung zur Versorgungsstiftung um jeweils etwa 2,5 Mio. € reduzieren. Ebenso reduzieren sich durch den Rückgang die Kosten für den Pfarrdienst bis 2038 um ca. 2 Mio. €
Mir ist dabei bewusst, dass sich die Reduzierung der Pfarrpersonen erst einmal erschreckend anhört. Allerdings müssen wir beachten, dass wir bereits jetzt bei der Gemeindegliederentwicklung unter der Prognose der sog. „Freiburger-Studie“ liegen, wohingegen die Kirchensteuerentwicklung sich auf dem prognostizierten Pfad entwickelt.
Entwickelt sich der Gemeindegliederrückgang weiterhin so, wie sich die Zahlen im Durchschnitt der vergangenen vier Jahre entwickelt haben, wird die Anzahl von 65 Pfarrstellen in etwa ausreichen, um das angestrebte Niveau der personellen bzw. pastoralen Versorgung sicherzustellen.
Entwickeln sich die Gemeindegliederzahlen besser, werden wir im Wege zusätzlicher privatrechtlicher Dienstverhältnisse Stellen schaffen können, weil dann vermutlich auch die Einnahmen besser ausfallen.
Sofern es gelingt, durch die prognostizierte Pfarrstellenentwicklung bis 2038 Einsparungen zur bisherigen Prognose von 6,5 Mio. € zu erreichen, kann durch jährliche Kürzung des Haushalts von ca. 400.000, - € (ca. 0,8% des Haushaltsvolumens) bis 2038 eine weitere Einsparung im Gesamtvolumen von 6,5 Mio. € erreicht werden. Über diesen Weg wird es möglich sein, das prognostizierte Defizit auszugleichen und weiterhin die Arbeit der Kirchengemeinden über die Zuweisungen und den weiteren Aufbau der Gemeindestiftung zu fördern.
Gelingen kann dies durch eine konsequente Anpassung der Ausgabeplanung an die Einnahmeprognose. Hierzu wird es notwendig sein, die bisherige Haushaltplanung anzupassen. Ausgangslage für die Haushaltsplanung wird künftig die Einnahmeprognosen sein.
Das Moderamen der Gesamtsynode wird das Budget und die Eckpunkte für die Haushaltsplanung festlegen. Basis dafür sind die Einnahmen des Vorjahres, ggf. angepasst aufgrund besonderer Entwicklungen. Daraufhin legt das Moderamen der Gesamtsynode die Budgets für die einzelnen Bereiche fest. Derzeit sind folgende Budgetbereiche angedacht:
- Kirchenleitung
- Verkündigung und Seelsorge (einschl. Jugend und Frauenarbeit)
- Versorgung
- Diakonie
- Bau
- Leistungen
- Direktleistungen
- Kirchenamt
- Finanzen/Vermögen/Steuern
Über die Festlegung der Budgethöhen kann eine inhaltliche Steuerung der Schwerpunkte der Arbeit erfolgen. Die Budgetverantwortlichen haben dann die Aufgabe, einen Plan vorzulegen, mit dem das Budget eingehalten wird.
So kann das Moderamen sicherstellen, dass ein Haushalt vorgelegt wird, der der prognostizierten Einnahmesituation entsprechen. Für außergewöhnliche Einnahmerückgänge sind entsprechende Rücklagen vorgesehen.
Risikobericht
Es bleiben verschiedene Risiken, die erhebliche Auswirkungen auf die Ausgabe- oder auch auf die Einnahmesituation der Evangelisch-reformierten Kirche haben
Kirchsteuersystem
Es zeigt sich, dass die Kirchensteuer sowohl inner- als auch außerkirchlichen zunehmend weniger Akzeptanz findet. Das Kirchensteuersystem wird als ungerecht und als inakzeptable Vermischung von Staat und Kirche angesehen. Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland finden die Abgabe von Kirchensteuer nicht mehr zeitgemäß. Das war das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Sommer dieses Jahrs. Dabei wird häufig angenommen, dass Kirchensteuer eine staatliche Steuer für die Kirchen ist und dass sie alle Menschen in gleichem Umfang belastet.
Beide Annahmen sind grundsätzlich nicht richtig. Kirchensteuer erfolgt auf Beschluss der kirchlichen Gremien als eine Art Mitgliedsbeitrag. Sie wird von allen Menschen erhoben, die Mitglied der Kirche sind. „Steuer“ heißt sie, weil dies der rechtliche Begriff für einen Geldeinzug von Mitgliedern einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist, wenn keine konkrete Gegenleistung erfolgt, sondern Abgaben zu Gesamtfinanzierung der Aufgabe anfallen. Bei Vereinen würde eine solche Leistung Mitgliedsbeitrag heißten.
Der Einzug durch die staatlichen Finanzbehörden ist eine Dienstleistung, die sich diese mit einem prozentualen Abzug von den Steuereinnahmen vergüten lassen.
Zudem ist das Kirchensteuersystem ein gerechtes Finanzierungssystem, weil es sich in ganz wesentlichem Umfang an der Leistungsfähigkeit der Mitglieder orientiert. Es wird nur ein prozentualer Anteil der zu zahlenden Steuer (in Niedersachsen 9%) fällig. Wer aufgrund eines geringen Einkommens wenig Steuern oder gar keine Steuern zahlt, zahlt auch nur wenig oder gar keine Kirchensteuer. Nur etwa die Hälfte der Kirchenmitglieder zahlt überhaupt Kirchensteuer. Zudem kann die gezahlte Kirchensteuer im Folgejahr – wie Beiträge für einen Förderverein – als Sonderausgaben von der Steuer abgezogen werden.
Leider lässt sich in den Statistiken feststellen, dass gerade auch viele Menschen mit dem Hinweis auf die Kirchensteuer austreten, die gar keine Kirchensteuer zahlen.
Mehrere evangelische Landeskirchen haben daher das Projekt „Kirchensteuer wirkt“ in Leben gerufen. Hiermit soll viel stärker als bisher verdeutlicht werden, welche Leistungen mit der Kirchensteuer erbracht werden.
Für die Evangelisch-reformierte Kirche sieht die Aufteilung wie folgt aus:
Wir werden aber davon ausgehen müssen, dass der gesellschaftliche Druck auf das Kirchensteuersystem zunehmen wird. Eine Abkehr von der Kirchensteuer wird nur im Einvernehmen aller Landeskirchen und Diözesen möglich sein, daher wird ein solcher Schritt noch lange dauern, allerdings ist zu befürchten, dass das Kirchensteuersystem immer politisch und gesellschaftlich diskutiert wird.
Mitgliederentwicklung
Wesentliche Basis für die Kirchensteuereinnahmen sind und bleiben die Mitgliederzahlen. Bereits die sog. „Freiburger Studie“ hat deutlich gemacht, dass bis 2060 mit einem erheblichen Mitgliederrück-gang zu rechnen ist. Wir müssen in den letzten beiden Jahren feststellen, dass die tatsächlichen Zahlen noch niedriger sind, als sie in der Freiburger Studie prognostiziert wurden. Wenn wir unsere aktuelle Mitgliederentwicklung in einer mittelfristigen Prognose mit dem durchschnittlichen jährlichen Rückgang der vergangenen vier Jahre fortschreiben, müssen wir davon ausgehen, dass unsere Mitgliederzahlen im Jahr 2038 noch etwa um 20.000 geringer sind, als es die Freiburger Studie im niedrigsten Fall angenommen hat.
Wir müssen davon ausgehen, dass sich aufgrund der Mitgliederentwicklung auch die Kirchensteuer-einnahmen nicht zwingend so entwickeln, wie wir derzeit noch erhoffen.
Kapitalerträge und weitere Einnahmen
Die Lage an den Kapitalmärkten hat sich im vergangenen Jahr leicht stabilisiert. Die allgemeine politische Lage führt zwar insbesondere am Aktienmarkt immer noch zu Verwerfungen. Es lassen sich allerdings wieder festverzinsliche Wertpapiere kaufen, die eine zugesichert, akzeptable Rendite versprechen. Zwar ist das Zinsniveau weiterhin noch unter dem langjährigen Mittel der Zeit vor der Niedrigzinsphase, doch ist es wieder möglich, in vermeintlich sichere, festverzinsliche Geldanlagen zu investieren, ohne dass das Risiko eines erheblichen Geldverlusts besteht.
Im Hinblick auf die Staatsleistungen haben sich die im vergangenen Lagebericht dargestellten politischen Diskussionen etwas beruhigt. Ein sog. Ablösegesetz des Bundes ist zunächst zurückgestellt worden. Die Bundesländer haben sich dagegen ausgesprochen. Insoweit werden die Staatsleistungen zunächst weiter wie bisher gezahlt. Allerdings gilt auch hier – wie bei der Kirchensteuer – dass die gesellschaftliche Akzeptanz zunehmend schwindet.
Ausgabenentwicklung
Allgemeine Inflation
Zwischen 2009 und 2021 lag die durchschnittliche jährliche Inflation in Deutschland bei unter 1,2%. Aus diesem Grund waren auch die Tarifabschlüsse in den vergangenen zehn Jahren grundsätzlich moderat.
Seit 2021 nimmt die Inflation spürbar zu. Im September 2022 lag die Inflationsrate bei über 8%. Mittlerweile ist die Inflationsrate wieder auf 3,8% gefallen. Es ist aber davon auszugehen, dass die grundsätzliche Teuerungsrate deutlich über dem Niveau der Jahren 2009 bis 2021 bleibt. Dies führt zu erheblichem Druck auf den Haushalt der Gesamtkirche. Einerseits werden die direkten Kosten steigen und gleichzeitig wird die Zuweisung an Kirchengemeinden bei anhaltender Kostensteigerung nicht ohne Inflationsausgleich erfolgen können.
Besonders spürbar sind die Kostensteigerungen bei den Personal- und den Energiekosten.
Energiekosten
Es ist feststellbar, dass es Endes des vergangenen Jahres be-fürchtete Energiekrise nicht in einem wesentlichen Umfang ein-getreten ist. Gas und Stromversorgung waren im vergangenen Winter und sind vermutlich auch in diesem Winter sichergestellt. Gleichwohl sind die Preise für Strom und Gas bereits seit 2021 erheblich gestiegen. Die Durchschnittspreise für Gas sind seit 2021 um 114%, die Durchschnittspreise für Strom sind um 41 % gestiegen.
Mittelfristig gehen wir von weiter Kostensteigerungen für Energie aus. Den Kostensteigerungen im Bereich der Energiekosten lässt sich nur durch erhebliche Einsparungen begegnen, etwa durch den Einbau neuer Heizsysteme o.ä. Hierfür werden im Bereich kirchlicher Gebäude hohe Investitionskosten anfallen. Diese Kosten mögen sich langfristig gesehen rentieren und ggf. auch amortisieren, sie sind aber zunächst zu investieren und binden somit Kapital.
Personalkosten
Steigende Inflation wird zu erheblich höheren Lohnforderungen führen, als wir dies in den vergangenen Jahren gewohnt waren. Im Bereich des öffentlichen Dienstes, der für den kirchlichen Dienst relevant ist, hat es seit 2008 durchschnittliche, jährliche Tarifsteigerungen von ca. 2,3% gegeben. Eine hohe Inflation führt zu erheblich höheren Tarifforderungen. Im Bereich der privatrechtlich angestellten Personen hat es bereits für die Jahr 2023 und 2024 eine Tarifsteigerung gegeben. Neben Zahlungen aus der sog. Inflationsausgleichsprämie erfolgt eine Steigerung der Tabellenentgelte ab März 2024 in Höhe von durchschnittlich ca. 10%.
Für die Pfarrerinnen und Pfarrer, die analog zur Besoldung der Landesbeamten bezahlt werden, liegt der Tarifabschluss noch nicht vor, dieser wird sich aber voraussichtlich auf einem vergleichbaren Niveau befinden.
In den Personalkosten sind für Pfarrerinnen und Pfarrer auch die Beihilfekosten zu rechnen. Diese werden sich aufgrund weiterer medizinischer Entwicklung, deutlich steigender Pflegekosten und der allgemeinen Preissteigerung erheblich erhöhen. Dies wird derzeit durch den Aufbau entsprechender Rückstellungen abgefedert. Es bleibt abzuwarten, ob die Rückstellungen auf Dauer ausreichen wer-den, um die Kostensteigerungen in der Beihilfe auszugleichen.
Weitere Einflussfaktoren
Strukturrisiken
Institutionen werden in der heutigen Gesellschaft zunehmend kritisch wahrgenommen. Gerade Institutionen, die in der Vergangenheit als moralische Instanzen innerhalb der Gesellschaft wahrgenommen wurden, werden besonders kritisch betrachtet. Umso wichtiger ist es, sog. Compliance-Grundsätze im kirchlichen handeln einzuhalten. Damit ist gemeint, dass sich die handelnden Personen und Organe an die vorgegebenen Regelungen halten und dass dieses auch kontrolliert wird. Als kleine Kirche innerhalb der EKD gibt es kaum Kapazitäten innerhalb der Kirche für Compliance-Aufgaben.
Die Struktur der Evangelisch-reformierten Kirchen, die einen wesentliche Teil der Verantwortung in den Kirchengemeinden belässt, führt zudem dazu, dass eine Regeltreue auf allen Ebenen faktisch nicht zu kontrollieren ist. Die zunehmende Verrechtlichung und die zunehmenden Dokumentationspflichten in vielen Arbeitsfeldern führen aber dazu, dass die Gefahr von Regelverletzungen erheblich gestiegen ist. Um Risiken für die ehrenamtlichen handelnden Verantwortungspersonen in Kirchengemeinden und Synodalverbänden zu minimieren, wird es notwendig sein, auf übergreifender Ebene eine personelle Mindestausstattung der Beratung und Unterstützung in den diversen rechtlichen und verwaltungstechnischen Aufgaben vorzuhalten.
Die Kirchengemeinden in der Evangelisch-reformierten Kirche sind in der Regel sehr klein.
- 40% der Kirchengemeinden haben unter 500 Mitglieder.
- 47% der Kirchengemeinden haben zwischen 500 und 2000 Mitglieder.
- nur 13% der Kirchengemeinden haben über 2000 Mitglieder.
Die Kleinheit der Organisation stellt diese gerade im Hinblick auf die Umsetzung von inhaltlicher Arbeit vor große Herausforderung. Das Potential ehrenamtlich Mitarbeitender ist, je kleiner eine Gemeinde ist, desto geringer.
Aber auch hauptamtliche Personen können bei kleineren Gemeinden immer nur anteilig eingesetzt werden. So müssen bei kleineren Kirchengemeinden Pfarrerinnen und Pfarrer immer für mehrere Gemeinden zuständig sein. Dieses führt nicht nur zu einer höheren Belastung Arbeitsbelastung, es führt auch dazu, dass Verwaltungsaufgaben (wie Gremiensitzungen etc.) im Verhältnis mehr Zeit in Anspruch nimmt und dies zu Lasten der inhaltlichen Arbeit geht. Dies hat auch Auswirkung auf die Mitgliederbindung.
Die Mitgliederentwicklung gestaltet sich dabei nach Region und Gemeindestruktur unterschiedlich. Wir haben gesehen, dass die Zahl der Mitglieder insgesamt seit 2012 um knapp 16% zurück gegangen ist. Das Moderamen hat diese Entwicklung im Hinblick auf die gemeindliche Struktur genauer betrachtet. Dabei wurden drei Arten der Mitgliederentwicklung von 2012 bis heute gebildet:
- Zuwachs
- geringer bis durchschnittlicher Mitgliederrückgang (0,1% - 16%)
- überdurchschnittlicher Rückgang (über 16%)
Soweit die Kirchengemeinden nach Größen sortiert werden, muss für den Zeitraum von 2012 bis heute festgestellt werden, dass sich aus den Zahlen kein Beleg dafür finden lässt, dass gerade die Kleinheit einer Gemeinde zu einer größeren Gemeindebindung führt.
Allerdings muss an dieser Stelle ausdrücklich festgehalten werden, dass die Gründe für die Mitgliederentwicklung in jedem Fall vielfältig und komplex sind. Nur ein Teil der Gründe lässt sich durch kirchliches Handeln beeinflussen. Die dargestellten Statistiken können allenfalls grobe Trends wider-spiegeln. Die Darstellung dieser Trends ist aber wichtig, um Zukunftsdiskussionen zu versachlichen.
Nachhaltigkeit
Der Rat der EKD hat am 16. September 2022 die sog. Klimaschutzrichtlinie der EKD verabschiedet. Ziel ist es, im Bereich der Evangelischen Kirchen in Deutschland die Treibhausgasemission bis 2035 um 90% zu reduzieren und bis 2045 komplett zu beseitigen. Alle Gliedkirchen der EKD sind aufgefordert, sich dieser Richtlinie anzuschließen. Mit dem in der Frühjahressynode 2022 verabschiedeten Klimaschutzkonzept sind die o.g. Ziele auch bereits für die Evangelisch-reformierte Kirche übernommen worden. Wir haben in diesem Jahr erste Schritte zur verbindlichen Umsetzung dieser Ziele erarbeitet. Im Klimaschutzkonzept sind einzelne Maßnahmen dargestellt, die es ermöglichen sollen, im Rahmen des Gebäudemanagements und der Gebäudesanierung die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Neben dem Verkauf von Gebäuden, die zu kirchlichen Zwecken nicht zwingend notwendig sind, ist auch die nachhaltige Sanierung von vielen Gebäuden notwendig. Dabei sind neben den Klimaschutz bei vielen Gebäuden auch Aspekte des Denkmalschutzes und der kulturellen Bedeutung in der Region zu berücksichtigen. Es wird notwendig sein, regionale Gebäudemanagementprozesse zu begleiten und zu unterstützen. Hierzu ist es notwendig, entsprechende personelle Kapazitäten den Kirchengemeinden anzubieten. Die bisherige Personalausstattung der Bauabteilung wird die notwendigen Maßnahmen nicht in ausreichendem Umfang begleiten können, daher ist eine entsprechende Personalanpassung erfolgt.
Wir sehen zudem im aktuellen Haushalt Mittel für die Förderung von Fotovoltaikanlagen und für den Umbau von Heizsystemen in Kirchengemeinden vor. Die Herausforderungen für den Umbau von Gebäuden werden aber in den kommenden Jahren noch deutlich steigen.
Reputationserhalt
Die kirchliche Verantwortung von gesellschaftlichen Fehlentwicklungen in der Vergangenheit wird zunehmend gesellschaftlich diskutiert. Kirche lebt als moralische Instanz auch von ihrer guten Reputation. Nur wenn Kirchen als ethisch und gesellschaftlich verantwortlich wahrgenommen werden, werden Menschen sich weiterhin durch Mitgliedschaft oder Mitarbeit in den Kirchen engagieren.
Vor diesem Hintergrund gibt es diverse Themen, die aus der Vergangenheit auch heute noch Auswirkungen auf die Reputation von Kirche haben. Zu nennen sind dabei beispielhaft:
- Heimkinder der 50er bis 80er Jahre
- Sexueller Missbrauch in kirchlichem Umfeld
- Klimaverantwortung von Kirche
- Behandlungen von Kindern in kirchlichen Kinderferienheimen in den 60er und 70er Jahren (aktuelle Diskussion).
Auf EKD-Ebene wird zunehmend die Notwendigkeit gesehen, dass Kirche die Verantwortung für diese Entwicklungen der Vergangenheit übernimmt. Hieraus entstehen mittelbare Verpflichtungen der Gliedkirchen, die in der Art und Weise und in ihrem Umfang nicht einschätzbar sind.
Beispielhaft sollen hier nur einzelnen Aufgaben und Herausforderungen genannt werden
- Einrichtung entsprechender Stellen, die die Aufarbeitung von Handlung der Vergangenheit und die Verhinderung zukünftige Fälle sicherstellen, z.B. im Bereich der Prävention vor sexuellem Missbrauch
- Finanzierung von Anerkennungsleistungen
- Aufbau von Hilfesystemen für Personen, die von negativem kirchlichem Handeln betroffen sind.
Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen
Für uns als kleine Gliedkirche der EKD besteht ein wesentlicher Vorteil in einer flachen Hierarchie und schlanken Verwaltungsstrukturen. Wandel kann somit schnell gelingen. Innerhalb eines Jahres ist es gelungen, wesentliche gesetzliche Grundlagen für einen zukunftsgerichteten Wandel unserer Kirche zu erarbeiten. Es wird in den kommenden Jahren wichtig sein, dass wir Strukturen schaffen, die eine zukunftsgerichtete inhaltliche Arbeit der Kirchengemeinden unterstützen und fördern. Daran werden wir in den kommenden Jahren arbeiten müssen.
Wir haben mit den jetzt vorliegenden Finanzvorlagen die Voraussetzung dafür geschaffen, dass wir auch langfristig einen ausgeglichenen Haushalt haben.
Der jetzt vorliegende Haushalt ist im Wesentlichen eine Fortschreibung des bisherigen Haushaltsplans. Anpassungen hat es im Bereich der Förderung von Klimaschutzprojekten (Fotovoltaik und Sitzbankheizungen), im Bereich Prävention sexualisierter Gewalt und bei der Kürzung von Mitteln für den Neubau von Pfarrhäusern gegeben.
Weitere Anpassungen dienen (noch) nicht der konkreten Umsetzung neuer inhaltlicher Vorhaben, sondern sind Kostenanpassungen bestehender Angebote.