Kirche lebt von Mitwirkung, diese erfolgt haupt-, neben oder ehrenamtlich. Alle Mitarbeitenden sind mitverantwortlich für die Umsetzung des Schutzkonzeptes.
Verbindliche Vorgaben für alle haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeitende helfen uns dabei, unserer Verantwortung gerecht zu werden und Vertrauen zu schaffen. Damit zeigen kirchliche Körperschaften, dass sich eine achtsame Gemeinde/Einrichtung bewusst ist, dass es Gefahren gibt, die es einzuschränken gilt.
I. Rechtliche Vorgaben
Unabhängig von den konkreten Schutzkonzepten in den Kirchengemeinden und anderen kirchlichen Körperschaften gelten für Mitarbeitende im Bereich der Kirche aufgrund staatlicher und kirchlicher Gesetze folgende Vorgaben:
1. Grundsatz
Wer kirchliche Angebote wahrnimmt oder in der Kirche tätig ist, ist vor allen Formen sexualisierter Gewalt zu schützen. (§ 4 Abs. 1 Gewaltschutzrichtlinie EKD). Haupt-, Neben- und Ehrenamtliche tragen Verantwortung für den Schutz von Menschen in der Kirche und stehen selbst unter diesem Schutz.
2. Abstinenz- und Abstandsgebot
In vielen Bereichen kirchlicher Arbeit gibt es besondere Vertrauensverhältnisse, die zu Macht und Abhängigkeit führen können. Dies gilt insbesondere in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie in Seelsorge- und Beratungskontexten. Solche Obhutsverhältnisse verpflichten zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz. Sexuelle Kontakte zwischen Mitarbeitenden und anderen Personen innerhalb einer Seelsorge- und Vertrauensbeziehung sind mit dem kirchlichen Schutzauftrag unvereinbar und daher unzulässig (Abstinenzgebot). Alle Mitarbeitenden haben bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit das Nähe- und Distanzempfinden des Gegenübers zu achten (Abstandsgebot). (§ 4 Abs. 2 und 3 Gewaltschutzrichtlinie der EKD).
3. Meldepflicht
Haupt-, neben- und ehrenamtlich Tätige in kirchlichen Einrichtungen haben eine Meldepflicht. Sie müssen einen begründeten Verdacht auf sexualisierte Gewalt oder einen Verstoß gegen das Abstinenzgebot an die Meldestelle der Gesamtkirche melden. Sie können sich zuvor bei der Ansprechstelle beraten lassen, ob es sich bei ihrem Verdacht um einen meldepflichtigen Fall handelt. (§ 8 Gewaltschutzrichtlinie der EKD)
Bei Verdacht auf Kindeswohlgefahrdung oder sexualisierte Gewalt eines Trägers der Jugendhilfe bestehen daneben auch Meldepflichten nach dem SGB VIII. Diese sind ebenfalls zu beachten
4. Tätigkeitsverbot
Für eine Tätigkeit in einer kirchlichen Einrichtung kommt nicht in Betracht, wer rechtskräftig wegen einer Straftat nach § 171, den §§ 174 bis 174c, den §§ 176 bis 180a, § 181a, den §§ 182 bis 184g, § 184i, § 184j, § 201a Absatz 3, § 225, den §§ 232 bis 233a, § 234, § 235 oder § 236 des Strafgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung verurteilt worden ist. In begründeten Ausnahmefällen kann eine Einstellung erfolgen, wenn ein beruflich bedingter Kontakt zu Minderjährigen oder zu Volljährigen in Abhängigkeitsverhältnissen auszuschließen ist. (§ 5 Gewaltschutzrichtlinie der EKD)
II. Anforderungen an die Personalverantwortung
1. Zuständigkeit
Für alle Mitarbeitenden, unabhängig davon, ob es sich um haupt-, neben- oder ehrenamtlich tätige Personen handelt, ist zunächst das zuständige Leitungsorgan (Kirchenrat, Presbyterium oder Moderamen) verantwortlich. Nach § 24 der Kirchenverfassung kann die Dienstaufsicht über Mitarbeitende auf einzelne Mitglieder des Leitungsorgans übertragen werden. Diesbezüglich ist Klarheit und Transparenz wichtig. Es sollte klar bestimmt und kommuniziert werden, wer im zuständig Leitungsorgan für welche Mitarbeitenden zuständig ist.
2. Personalverantwortung
Das Leitungsorgan einer kirchlichen Einrichtung ist dafür verantwortlich, dass alle in der Einrichtung Tätigen sich für den Schutz der Menschen, die kirchliche Angebote in Anspruch nehmen, einsetzen.
Diese Personalverantwortung wird wahrgenommen….
… indem alle Mitarbeitenden über die rechtlichen Verpflichtungen nach den staatlichen und kirchlichen Gesetzen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, insbesondere die Gewaltschutzrichtlinie der EKD, informiert sind und die Möglichkeit haben, die Pflichten umzusetzen.
… durch klare Zuordnung von Verantwortung für die einzelnen Mitarbeitendengruppen in den zuständigen Leitungsorganen.… durch Thematisierung des „Gewaltschutzes“ in Einstellungs- bzw. Erstgesprächen.
… durch Information über das Schutzkonzept, bevor eine Tätigkeit aufgenommen wird.
… durch obligatorische Schulungen für alle Mitarbeitenden zum Gewaltschutz.
… durch das Einholen einer unterschriebenen Selbstverpflichtungserklärung zu Beginn der Tätigkeit.
… indem der Dienstgeber alle beruflich Mitarbeitenden und alle ehrenamtlich in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oder in anderen Obhutsverhältnissen Tätigen verpflichtet, zu Beginn der Tätigkeit, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen.
… durch die Verpflichtung, das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis in regelmäßigen Abständen vorzulegen.
3. Anmerkungen
Diese Maßnahmen erfordern ein organisiertes Vorgehen. Es sind die Befürchtungen nachzuvollziehen, dass manche dieser Aufgaben zu Mehraufwand der Organe, die überwiegend mit Ehrenamtlichen besetzt sind, führen. Allerdings sind genau diese konkreten Maßnahmen eine sinnvolle Unterstützung beim Schutz vor sexualisierter Gewalt, da sie deutlich die Haltung einer Gemeinde/Einrichtung vermitteln.
Wenn eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit Führungszeugnissen und Selbstverpflichtungserklärungen entsteht, wird eine gewisse Routine den Mehraufwand wieder minimieren. Eine solche Routine könnte daraus entstehen, dass alle Mitarbeitenden, auch die, die schon lange tätig sind, ein Führungszeugnis vorlegen und eine Selbstverpflichtungserklärung unterschreiben, wenn dies noch nicht geschehen ist. Dieses Verfahren ist transparent und „gerecht“.
Schon jetzt sehen staatliche und kirchliche Rechtsvorschriften vor, dass Träger der Jugendhilfe – wozu auch Kirchengemeinden und Synodalverbände gehören – für alle Beschäftigte im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit Führungszeugnisse einfordern müssen. Grundsätzlich wird in der Gewaltschutzrichtlinie der EKD davon ausgegangen, dass von allen haupt-, neben- und ehrenamtliche Beschäftigten bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis vorgelegt werden muss.
Wenn sich eine Gemeinde nicht in der Lage sieht, von allen Mitarbeitenden ein Führungszeugnis einzuholen, muss geprüft werden, welche Personen auf jeden Fall ein Führungszeugnis vorlegen müssen. Das beigefügte Schema kann bei der Prüfung helfen.
III. Führungszeugnisse
Grundsätzlich wird in der Gewaltschutzrichtlinie der EKD davon ausgegangen, dass von allen haupt-, neben- und ehrenamtliche Beschäftigten bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis vorgelegt werden muss.
Wenn sich eine Gemeinde nicht in der Lage sieht, von allen Mitarbeitenden ein Führungszeugnis einzuholen, muss geprüft werden, welche Personen auf jeden Fall ein Führungszeugnis vorlegen müssen.
Zwingend notwendig ist die Vorlage von Führungszeugnissen für alle Personen, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind. Verantwortlich für die Einholung der erweiterten Führungszeugnisse ist jeweils die
Einrichtung bei der die Beschäftigten angestellt sind. Bei ehrenamtlicher Tätigkeit ist es immer das Organ der Einrichtung, in der sie tätig sind.
Das jeweilige Leistungsorgan hat festzulegen
− von welchen Personen ein Führungszeugnis verlangt wird,
− wer für die Einsichtnahme zuständig ist und
− wie die Einsichtnahme dokumentiert wird
Zur Info: Bei Vorlage der entsprechenden Aufforderung ist für Ehrenamtliche das Führungszeugnis kostenfrei