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von Helge Johr

Bekenntnis von Belhar

Das Bekenntnis von Belhar ist das Bekenntnis unserer südafrikanischen Partnerkirche, der 'Uniting Reformed Church in Southern Africa (URCSA). Es ist 1986 im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika entstanden und hat sich aber seitdem weltweit auch über seinen eigentlichen Entstehungsanlass hinaus immer wieder als wegweisend erwiesen. Mehrere Kirchen haben 'Belhar' inzwischen offiziell als eine ihrer Bekenntnistexte angenommen. Für die Deutschen Partnerkirchen der URCSA (Lippische Landeskirche und die Evangelisch-reformierte Kirche) stelle das Bekenntnis von Belhar einen wichtigen Glaubenstext dar und ist die Basis für die Partnerschaft. In die verfassungsgemäßen Bekenntnisschriften ist es bisher nicht nicht übernommen worden.

Quelle: Evangelisch-reformierte Kirche

Entstehungsgeschichte

Im August 1982 hatte die Generalversammlung des Weltgemeinschaft reformierter Kirchen südafrikanischen Theologen Allan Boesak zum Präsidenten gewählt. Die Generalversammlung erklärte die Frage der Apartheid zur Bekenntnisfrage und suspendierte die Mitgliedschaft der Nederduitse Gereformeerde Kerk in Südafrika so lange, bis diese sich eindeutig gegen die Apartheid aussprechen würde. Diese Kirche hatte eigentlich den Grundsatz, dass „Weiße“, „Farbige“ und „Schwarze“ biblisch begründet gemeinsame Gemeinden bilden sollten, hatte aber dieses gemeinsame Kirchenwesen in eine unbestimmte Zukunft verschoben und in der Gegenwart ein System „rassengetrennter“, aber bekenntnisgleicher Kirchen etabliert.

Im Oktober 1982 tagte die Generalsynode der Nederduitse Gereformeerde Sendingskerk (NGSK) in Belhar. Die NGSK war im Rahmen des Apartheidsystems eine Kirche hauptsächlich für „Farbige“, d. h. für Menschen mit gemischter Abstammung. Eine Gruppe von Theologen verstanden sich als "Bekenntniskreis", der sich Barmer Theologischen Erklärung verpflichtet fühlte. Sie stellten der Synode in Belhar den Entwurf eines Bekenntnistextes vor, der sich in vergleichbarer Weise wie Barmen gegenüber dem NS-Staat nun gegenüber der Apartheidspolitik abgrenzte. Als Hauptverfasser des Textes gilt der Theologie Dirkie Smit. Nach vierjähriger Diskussion in den Gemeinden wurde der Text des Belhar-Bekenntnisses von der Generalsynode der NGSK 1986 offiziell angenommen. Als die NGSK mit der Nederduitse Gereformeerde Kerk in Afrika (NGKA), einer Kirche hauptsächlich für „Schwarze“ 1994 zur Uniting Reformed Church in Southern Africa (URCSA) fusionierte, wurde das Belhar-Bekenntnis als gemeinsames Bekenntnis angenommen.

Inhalt

Glauben:Belhar dt (2).pdf

Das Belhar-Bekenntnis hat fünf Artikel. In Artikel 2 bis 4 folgt jeweils auf das Bekenntnis des positiv Geglaubten eine Verwerfung der falschen Lehre:

  1. Das Bekenntnis versteht Kirche (Ekklesiologie) in reformierter Tradition, mit Formulierungen, die an klassische Texte (Confessio Belgica, Heidelberger Katechismus) anklingen.
  2. Kirchliche Einheit ist sowohl Geschenk als auch Verpflichtung; sie muss sichtbar werden.
  3. Die durch Jesus Christus geschaffene Versöhnung wird durch die Rassentrennung in Frage gestellt, weil diese das christliche Zeugnis schwächt.
  4. Gott ist in besonderer Weise ein Gott der Armen und Unterdrückten. Deshalb ist die Kirche aufgerufen, gegen Unrecht einzutreten.
  5. Die Kirche gehorcht Jesus Christus, wenn sie auch gegen staatlichen Widerstand ihren Glauben bekennt.

Text (Übersetzung 2016)

Artikel 1

Wir glauben an den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, der durch sein Wort und Geist

seine Kirche von Anbeginn der Welt bis ans Ende versammelt, schützt und erhält.

Artikel 2

Wir glauben an die heilige, allgemeine, christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, berufen

aus dem ganzen Menschengeschlecht.

Wir glauben,

dass das Versöhnungswerk Christi in der Kirche als der Glaubensgemeinschaft sichtbar wird, in der Menschen mit Gott und untereinander versöhnt sind;

dass die Einheit der Kirche Jesu Christi aus diesem Grund Gabe und Auftrag ist: durch die Wirkung von Gottes Geist ist Einheit eine Kraft, die uns verbindet. Gleichzeitig ist die Einheit aber auch eine Realität, der wir nachjagen und die wir suchen müssen. Für diese Einheit muss das Gottesvolk fortwährend aufgebaut werden;

dass diese Einheit sichtbar werden muss, damit die Welt glauben kann, dass Trennung, Feindschaft und Hass zwischen Menschen und Menschengruppen eine Sünde ist, die Christus bereits überwunden hat, und dass alles, was diese Einheit bedroht, deshalb in der Kirche Christi keinen Platz haben darf, sondern bekämpft werden muss;

dass die Einheit des Gottesvolkes in ihrer Vielgestaltigkeit sichtbar und wirksam werden muss:

indem wir einander lieben, miteinander Gemeinschaft erleben, ihr nachjagen und an ihr festhalten;

indem wir uns willig und mit Freuden zum Nutzen und zur Seligkeit einander geben, weil wir es uns gegenseitig schuldig sind;

indem wir einen Glauben teilen, eine Berufung haben, eines Herzens und eines Sinnes sind, einen Gott und Vater haben, von einem Geist durchdrungen werden;

von einem Brot essen und aus einem Kelch trinken, mit einer Taufe getauft sind, einen Namen bekennen und einem Herrn gehorsam sind, für eine Sache eifern, eine Hoffnung miteinander teilen, gemeinsam die Höhe, die Breite und die Tiefe von Christi Liebe kennenlernen;

uns gemeinsam auf Christus hin, zu einer neuen Menschheit aufbauen lassen, unsere Lasten gegenseitig wahrnehmen und gemeinsam tragen, um auf diese Weise das Gesetz Christi zu erfüllen, dass wir einander brauchen, und uns gegenseitig stärken, einander ermahnen und trösten, gemeinsam für die Gerechtigkeit leiden, gemeinsam beten, gemeinsam Gott in dieser Welt dienen und gemeinsam gegen alles kämpfen, das diese Einheit hindert und bedroht;

dass diese Einheit nur in Freiheit und nicht unter Zwang gestaltet werden kann;

dass die Verschiedenheit der geistlichen Gaben, Chancen, Umstände und Überzeugungen wie auch die Unterschiede von Sprache und Kultur kraft der in Christus geschehenen Versöhnung Möglichkeiten für den gegenseitigen Dienst eröffnen und das sichtbare Gottesvolk bereichern;

dass der wahre Glaube an Jesus Christus die einzige Voraussetzung für die Mitgliedschaft in dieser Kirche ist.

Darum verwerfen wir jede Lehre,

die natürliche Unterschiede oder durch die Sünde verursachte Trennungen in einer Weise absolut setzt, dass diese Absolutsetzung die sichtbare und wirksame Einheit der Kirche verhindert, zerstört oder zur Gründung von getrennten Kirchen führt;

die vorgibt, dass die geistliche Einheit durch ein Band des Friedens bewahrt werden kann, während Gläubige desselben Bekenntnisses wegen ihrer Unterschiedlichkeit und durch ihre Unversöhntheit voneinander entfremdet werden;

die verneint, dass die Weigerung, der sichtbaren Einheit als einer kostbaren Gabe nachzujagen, Sünde ist;

die explizit oder implizit behauptet, dass Abstammung oder irgendein anderer menschlicher oder sozialer Faktor einen Einfluss auf die Mitgliedschaft in der Kirche haben könnten.

Bibelstellen: Eph 2,11-22; Eph 4,1-16; Joh 17,20-23; Phil 2,1-5; 1Kor 12,4-31; Joh 13,1-17; 1Kor 1,10-13; 1Kor 10,16-17; 1Kor 11,17-34; Eph 4,1-6; Eph 3,14-20; Gal 6,2; 2Kor 1,3-4; Röm 12,3-8; 1Kor 12,1-11; Eph 4,7-13; Gal 3,27-28; Jak 2,1-13.2

Artikel 3

Wir glauben,

dass Gott seiner Kirche die Botschaft von der Versöhnung in und durch Jesus Christus anvertraut hat;

dass die Kirche aufgerufen ist, das Salz der Erde und das Licht der Welt zu sein;

dass die Kirche seliggepriesen wird, weil sie Friedenstifterin ist;

dass die Kirche in Wort und Tat Zeugin eines neuen Himmels und einer neuen Erde ist, auf der Gerechtigkeit wohnt;

dass Gott durch sein Leben schaffendes Wort und Geist die Mächte der Sünde und des Todes und damit auch Unversöhnbarkeit und Hass, Bitterkeit und Feindschaft überwunden hat;

dass Gott durch sein Leben schaffendes Wort und Geist sein Volk befähigt, in einem neuen Gehorsam zu leben, der für Gesellschaft und Welt neue Möglichkeiten eröffnet;

dass diese Verkündigung unglaubwürdig und in ihrer heilsamen Kraft behindert wird, wenn sie in einem Land verkündigt wird, das zwar den Anspruch erhebt, christlich zu sein, gleichzeitig aber durch die erzwungene Trennung auf Grundlage der Rasse Entfremdung, Hass und Feindschaft hervorbringt und verfestigt;

dass jede Lehre, die eine solche erzwungene Trennung aus dem Evangelium zu legitimieren versucht und die es nicht wagt, sich auf den Weg des Gehorsams und der Versöhnung zu machen, sondern auf Grund von Vorurteilen, Furcht, Egoismus und Unglaube die versöhnende Kraft des Evangeliums bereits im Voraus verleugnet, eine Ideologie und Irrlehre ist.

Darum verwerfen wir jede Lehre,

die im Namen des Evangeliums oder des Willens Gottes die erzwungene Trennung von Menschen nach Rasse und Hautfarbe in solcher Situation gutheißt und auf diese Weise den Dienst und die Erfahrung der Versöhnung in Christus bereits im Voraus behindert und dadurch seiner Kraft beraubt.

Bibelstellen: 2Kor 5,17-21; Mt 5,13-16; Mt 5,9; 2Petr 3,13; Apk 21-22; Eph 4,17 - 6,23; Röm 6; Kol 1,9-14; Kol 2,13-19; Kol 3,1 - 4,6.

Artikel 4

Wir glauben,

dass sich Gott als der Eine offenbart hat, der Gerechtigkeit und wahren Frieden unter die Menschen bringen will;

dass er in einer Welt voller Unrecht und Feindschaft in besonderer Weise der Gott der Notleidenden, der Armen und der Entrechteten ist und seine Kirche aufruft, ihm auch hierin nachzufolgen;

dass er den Unterdrückten Recht schafft und den Hungrigen Brot gibt;

dass er die Gefangenen befreit und die Blinden sehend macht;

dass er die Bedrängten unterstützt, die Fremdlinge beschützt, den Waisen und Witwen hilft und den Gottlosen den Weg versperrt,

dass es für ihn reiner und unbefleckter Gottesdienst ist, wenn wir die Waisen und Witwen in ihrer Not besuchen;

dass er sein Volk anleitet, Gutes zu tun und für das Recht zu streiten;

dass die Kirche darum Menschen in allem Leid und jeder Not beistehen muss, was auch bedeutet,

dass sie gegen jede Form von Ungerechtigkeit Zeugnis ablegen und streiten muss, auf dass Recht ströme wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach;

dass die Kirche als Gottes Eigentum dort stehen muss, wo Gott selbst steht: gegen die Ungerechtigkeit und auf der Seite der Entrechteten;

dass die Kirche in der Nachfolge Christi Zeugnis ablegen muss gegenüber allen Mächtigen und Privilegierten, die egoistisch ihre eigenen Interessen verfolgen und andere Menschen beherrschen und benachteiligen.

Darum verwerfen wir jede Ideologie, die Ungerechtigkeit in jeder Form legitimiert, und jede Lehre, die nicht gewillt ist, einer solchen Ideologie auf der Grundlage des Evangeliums zu widerstehen.

Bibelstellen: Dtn 32,4; Lk 2,14; Joh 14,27; Eph 2,14; Jes 1,16-17; Lk 1,46-55; Lk 6,20-26; Lk 7,22; Lk 16,19-31; Jak 1,27; Jak 5,1-6; Ps 146; Lk 4,16-19; Röm 6,13-18; Am 5.

Artikel 5

Wir glauben,

dass die Kirche aufgerufen ist, dies alles im Gehorsam gegenüber Jesus Christus, ihrem einzigen Herrn, zu bekennen und zu tun, selbst wenn die Obrigkeit und menschliche Verordnungen dagegen stehen und selbst wenn Strafe und Leiden damit verbunden sind. Jesus ist der Herr.

Dem einen Gott, Vater, Sohn und Heiligem Geist, sei Ehre und Herrlichkeit in Ewigkeit.

Bibelstellen: Eph 4,15-16; Apk 5,29-33; 1Petr 2,18-25; 1Petr 3,15-18.