Bei der Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt ist ein vertrauensvolles und wertschätzendes Miteinander besonders wichtig. Bitte achten Sie auf sich und andere!

Bevor es richtig los geht, legen Sie gemeinsam Dauer und Rhythmus Ihrer Treffen fest. Regeln Sie Protokollführung und Moderation.

1. Baustein:  Die Potenzial- und Risikoanalyse

Eine Risiko- und Potentialanalyse ist eine bewährte Methode, die am Anfang des Schutzprozesses steht. Sie hilft, den Ist-Zustand von bestehenden und nicht-bestehende Schutzmaßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern unserer Landeskirche zu erfassen und den Blick für Gefahren zu schärfen. Sie macht deutlich, welche Stärken bereits vorhanden sind und wo es Schwächen gibt, an denen gemeinsam gearbeitet werden kann.

Der Fragebogen dient zur Orientierung und auch dazu, die Dinge in den Blick zu nehmen, die leicht vergessen werden. Er besteht aus zwei Teilen. Er wird von Gemeinden, Synodalverbänden und kirchlichen Einrichtungen wie z.B. dem Landeskirchenamt genutzt. Einige Fragen passen eher zur Gemeindearbeit, andere eher zur institutionellen Arbeit. Einige Fragen werden Ihnen vielleicht merkwürdig erscheinen, helfen aber dabei, den eigenen Blickwinkel zu erweitern. Unser Leben in der Gemeinde und bei der Arbeit ist schließlich bunt und vielfältig.

Fragebogen

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche passiert nicht aus Versehen oder zufällig. Sie wird geplant! Daher kann es sehr hilfreich sein, sich die Strategien der Täter*innen vor Augen zu führen und deren Perspektive einzunehmen. Stellen sie sich Fragen wie „Welche Rahmenbedingungen würden mir helfen, tätig zu werden?“ Was macht es mir leichter, Opfer zu finden?“, „Wo würde ich mich sicher vor Entdeckung fühlen?“

Bekannte Täter*innenstrategien:

Strategien gegenüber den Opfern:
  • Sie suchen gezielt die Nähe zu Kindern und Jugendlichen.
  • Sie zeigen häufig ein überdurchschnittliches Engagement und sind gerade Kindern und Jugendlichen gegenüber sehr emphatisch
  • Sie bauen ein Vertrauensverhältnis zum möglichen Opfer auf, oft auch zu dessen Familie, um so den Schutz durch die Angehörigen auszuschalten
  • Häufig suchen sie sich Kinder und Jugendliche aus, die emotional bedürftig sind.
  • Durch besondere Unternehmungen, Aufmerksamkeit und Geschenke in der „Anbahnungsphase“ (Grooming) versuchen sie eine besondere Beziehung zu ihren möglichen Opfern aufzubauen, um so deren Arglosigkeit und Dankbarkeit zu fördern.
  • Bis es zu einem schweren Übergriff kommt, „testen“ Täter*innen meistens die Widerstände der Kinder und Jugendlichen im Vorfeld. Sie lenken dafür gezielt das Gespräch auf sexuelle Themen und zeigen sich offen und verständnisvoll. Sie überschreiten zunehmend die Schamgrenzen der Mädchen und Jungen, um sie dadurch systematisch zu desensibilisieren. „Zufällige“ Berührungen an intimen Stellen gehören ebenfalls zum Testen.
  • Täter*innen machen ihre Opfer gefügig. Dies geschieht durch Verunsicherung („Das ist alles ganz normal“), Schuldgefühle („Das ist doch alles deine Schuld“) und/oder Drohungen (Entzug von Zuneigung und Privilegien, Isolation/Ausstoßung, öffentliche Bloßstellung, Zerstörung der Familie, körperliche Gewalt etc.). Sie sichern sich deren Verschwiegenheit, indem sie gezielt die Loyalität („Du hast mich doch lieb“, „Wenn du was erzählst, komme ich ins Gefängnis) und die Abhängigkeiten, sowie die hierarchischen Machtstrukturen („Was meinst du, wem werden sie glauben, dir oder mir) ausnutzen.
Strategien innerhalb von Institutionen:
  • Sie übernehmen eine leitende Position oder stellen sich mit der Leitung gut.
  • Sie versuchen durch vermeintliche Schwäche, Mitleid zu erregen, um so „Beißhemmungen“ zu erzeugen.
  • Sie machen sich unentbehrlich, indem sie unattraktive Dienste übernehmen.
  • Sie erzeugen Abhängigkeiten, indem sie Fehler der Kolleg*innen decken.
  • Ihr Engagement dehnt sich in den privaten Bereich aus, z.B. Freundschaften mit Eltern
  • Sie treten als „guter Kumpel“ im Team auf.
  • Sie nutzen ihr berufliches Wissen über die Kinder und Jugendlichen aus.