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von Helge Johr

Kirchensteuer

Die Kirchensteuer in Deutschland ist ein Beitrag, die Religionsgemeinschaften, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sind, von ihren Mitgliedern zur Finanzierung der Ausgaben der Gemeinschaft erheben. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Kirchensteuer von den Finanzämtern der jeweiligen Bundesländer eingezogen, die dafür eine Aufwandsentschädigung einbehalten.

System der Kirchensteuer

Eingeführt wurde die Kirchensteuer 1919 mit der Trennung von Kirche und Staat, um die finanzielle Unabhängigkeit der Kirche zu sichern. Kirchensteuer erfolgt auf Beschluss der kirchlichen Gremien als eine Art Mitgliedsbeitrag. Sie wird von allen Menschen erhoben, die Mitglied der Kirche sind. „Steuer“ heißt sie, weil dies der rechtliche Begriff für einen Geldeinzug von Mitgliedern einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist, wenn keine konkrete Gegenleistung erfolgt, sondern Abgaben zu Gesamtfinanzierung der Aufgabe anfallen. Bei Vereinen würde eine solche Leistung Mitgliedsbeitrag heißen.

Der Einzug durch die staatlichen Finanzbehörden ist eine Dienstleistung, die sich diese mit einem prozentualen Abzug von den Steuereinnahmen vergüten lassen.

Das Kirchensteuersystem ist ein gerechtes Finanzierungssystem, weil es sich in ganz wesentlichem Umfang an der Leistungsfähigkeit der Mitglieder orientiert. Es wird nur ein prozentualer Anteil der zu zahlenden Steuer (in Niedersachsen 9%) fällig. Wer aufgrund eines geringen Einkommens wenig Steuern oder gar keine Steuern zahlt, zahlt auch nur wenig oder gar keine Kirchensteuer. Nur etwa die Hälfte der Kirchenmitglieder zahlt überhaupt Kirchensteuer. Zudem kann die gezahlte Kirchensteuer im Folgejahr – wie Beiträge für einen Förderverein – als Sonderausgaben von der Steuer abgezogen werden.

Wie hoch der tatsächliche Beitrag über die Körperschaft lässt sich im Kirchensteuer-Rechner auf der Website "Kirchensteuer wirkt" erkennen:

Kirchensteuer-Rechner (kirchensteuer-wirkt.de)

Verwendung der Kirchensteuer

Übersicht über die Verwendung der Kirchensteuer

Die Evangelisch-reformierte Kirche engagiert sich in Verkündigung, Gemeindearbeit, Seelsorge, Diakonie, Jugendarbeit, Lebensbegleitung, Bildung, weltweiter Entwicklungsarbeit, Kultur, Bewahrung der Schöpfung und weiteren Aufgaben. Die vielfältigen Aufgaben benötigen eine verlässliche Finanzierung. Die Kirchensteuer trägt wesentlich zum Wirken von Kirche bei und ermöglicht, dass Kirche für Menschen erlebbar ist.

Wie die Einnahmen der Gesamtkirche verwendet werden, entscheidet die Gesamtsynode im Rahmen des Haushaltsplans.

Eine Übersicht über die Verwendung der Kirchensteuer im Hinblick auf die unterschiedlichen Aufgaben ist in der nebenstehenden Grafik dargestellt.

Recht Verwaltung Finanzen:Präsentation Finanzbericht.jpg

Kirchensteuereinnahmen

Die Evangelisch-reformierte Kirche nimmt aufgrund ihrer Ausdehnung in mehreren Bundesländern Kirchensteuer ein. Wir stehen jeweils in einer Kirchensteuergemeinschaft mit anderen evangelischen Kirchen . Die Kirchensteuereinnahmen der Evangelisch-reformierten Kirche sind in den vergangenen Jahren aufgrund der starken Konjunktur in der Bundesrepublik kontinuierlich gestiegen. Dies erfolgte trotz des Mitgliederrückgangs. Prognosen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren keine Steigerung der Einnahmen zu erwarten ist.

Kritik an der Kirchensteuer

Kirchensteuer-wirkt.de

Die Kirchensteuer wird vielfach kritisiert. Häufig wird die Kirchensteuer als Grund für einen Kirchenaustritt benannt. Leider lässt sich in den Statistiken feststellen, dass gerade auch viele Menschen mit dem Hinweis auf die Kirchensteuer austreten, die gar keine Kirchensteuer zahlen.

Mehrere evangelische Landeskirchen haben daher das Projekt „Kirchensteuer wirkt“ in Leben gerufen. Hiermit soll viel stärker als bisher verdeutlicht werden, welche Leistungen mit der Kirchensteuer erbracht werden und aus welchem Grund die Kirchensteuer ein faires und gerechtes Beitragssystem ist.


Pro und Contra Kirchensteuer

Es gibt - auch in Kirchengemeinden - immer wieder Argumente gegen die Kirchensteuer. Diesbezüglich ist es für ehrenamtlich Tätige in Kirchengemeinden hilfreich, sich mit den verschiedenen Argumenten auseinanderzusetzen

Kritik Begründung
Kirchensteuer ist eine staatliche Förderung der Kirchen, die ich nicht noch unterstützen will. Die Kirchensteuer ist ein Mitgliedsbeitrag, den die Kirchen erheben.

Weil sie Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, heißt dieser Mitgliedbeitrag "Steuer". Die Finanzämter ziehen diese Beiträge im Auftrag der Kirchen ein. Dafür erheben sie eine Gebühr. Diese ist günstiger, als wenn die Kirchen eine eigene Struktur für den Einzug der Beiträge aufbauen.

Ich wollte nie Mitglied der Kirche sein und muss plötzlich nach der Ausbildung und mit dem ersten Verdienst Kirchensteuer zahlen. Das ist ungerecht. Mitglied der Kirche wird man durch Taufe. Alle getauften Christinnen und Christen sind Mitglied der Kirche, der sie angehören. Daher erfolgt die Erhebung der Kirchensteuer bei allen getauften Personen, die Steuern bezahlen.
Ich bin Unternehmer und meinem Betrieb geht es schlechter. Ich kann mir die Kirchensteuer nicht mehr leisten. Die Kirchensteuer beträgt je nach Bundesland 8% oder 9% der zu zahlenden Lohn- oder Einkommenssteuer. Dies bedeutet, dass die Kirchensteuer sinkt, wenn die Steuer sinkt. Hat eine Unternehmerin oder ein Unternehmer weniger Einnahmen, sinkt damit automatisch die zu zahlende Kirchensteuer.
Ich spende das Geld lieber an Organisationen die ich auswähle. Bei der Kirchensteuer entscheidet eine Behörde wofür das Geld ausgegeben wird. Kirche ist in ganz Deutschland mit vielen unterschiedlichen Angeboten vertreten. Sie ist eine der wenigen Organisationen, die immer noch flächendeckend, auch im ländlichen Raum, Angebote bereitstellt. Über die verteilung der Mittel entscheiden demokratisch gewählte Gremien (Synoden). Daher stellt das Kirchensteuersystem die demokratische und solidarische Verteilung der Mittel sicher. Kirchensteuerzahlerinnen und -zahler stärken dieses System. Mit direkten Spenden entscheidet eine Person über die Mittelverwendung - die Entscheidung basiert nicht auf einem demokratischen Aushandlungsprozess.
Ich gehe kaum in den Gottesdienst, warum sollte ich Kirchensteuer zahlen. Kirchensteuer stellt nicht nur das Gottesdienstangebot sicher. Mit den Geldern wird das gesamte kirchliche und diakonische Angebot sichergestellt.
Ein Mitgliedsbeitrag an die Kirchengemeinden ist doch viel gerechter, als Kirchensteuer an eine Landeskirche zu zahlen. Die Verteilung der Kirchensteuer über die Entscheidungen des Gesamtsynode ist Teil eines Solidarsystem der Kirchengemeinden untereinander. So kann sichergestellt werden, dass kirchliche Angebote nicht nur in Ballungsräumen vorhanden sind. Zahlen die Mitglieder in den Kirchengemeinden einen direkten Mitgliedsbeitrag wird es zu erheblichen regionalen Unterschieden kommt. Zudem müssen sich die Mitglieder dann immer direkt bei den Kirchengemeinden melden. Kirchen haben aber zunehmend Mitglieder, die nicht in den Kirchengemeinden aktiv sind, aber die Arbeit von Kirche durch Mitgliedschaft unterstützen wollen. Dies würde bei einer Direktzahlung an die Gemeinde verloren gehen.